Das Verfahren vor dem Familiengericht

Wohl jeder Betroffene fühlt sich unwohl, wenn er in ein Gerichtsverfahren verwickelt wird – ob er es nun selbst angestrebt hat oder Beklagter ist. Familiengerichtsverfahren sollten grundsätzlich vermieden werden, indem sich die Beteiligten schon vorher einigen; manchmal sind sie aber unvermeidbar. Und dann sind sie kein Grund zur Panik oder um sich beleidigt zu fühlen. Niemanden soll unterstellt werden, dass er seine Interessen böswillig vertritt.

Im Gegensatz zu Strafprozessen, wie man sie aus TV-Sendungen kennt, geht es hier nicht um Schuld und Strafe, es gibt auch keinen Angeklagten und keinen Staatsanwalt. Das Verfahren findet auch nicht in der Öffentlichkeit statt; diese ist ausgeschlossen. Ein Elternteil klagt – meistens mit Hilfe eines Anwalts - der andere Elternteil ist der Beklagte; er kann sich wehren und natürlich selbst einen Anwalt einschalten. Der Richter oder die Richterin hat niemanden schuldig zu sprechen. Wenn keine Einigung zustande kommt, wird ein richterlicher Beschluss gefasst, der festlegt, wem Recht gegeben wird – selten hat dabei ein Widerpart vollständig Recht und der andere gänzlich Unrecht. Richtschnur für das Gericht ist in allererster Linie das Kindeswohl. Es hat Vorrang vor allen anderen Prozessgegenständen!

Wie läuft das Verfahren ab?

Grob gesagt, gibt es Sorgerechtsverfahren (Welcher Elternteil bestimmt den Aufenthalt des Kindes, oder medizinisch notwendige Maßnahmen, in welche Schule es geht usw.) und Umgangsverfahren, die regeln sollen, wie oft und in welchem zeitlichen Umfang die Eltern das Kind oder die Kinder sehen und wie sie mit ihnen Kontakt und Umgang pflegen können.

Nach Eingang eines  Sorgerechtsantrags oder auf (Neu-)Regelung des Umgangs legt das Gericht umgehend einen Anhörungstermin fest, der in der Regel ca. vier Wochen später stattfindet (so unverzüglich, wie möglich).

Meistens wird durch das Gericht ein Verfahrensbeistand bestellt; immer wird das Jugendamt benachrichtigt. Wenn sich die Notwendigkeit abzeichnet, wird auch ein familienpsychologischer Sachverständiger oder eine Sachverständige bestellt mit dem Auftrag, ein möglichst lösungsorientiertes Gutachten zum Kindelwohl zu  erstellen.

Dann findet der Anhörungstermin statt. Beteiligte sind – neben dem Richter oder der Richterin - die streitenden Eltern, deren Anwälte, Jugendamtsmitarbeiter, der Verfahrensbeistand und ggf. der/die Sachverständige. Wenn die Notwendigkeit bestehen sollte, das Kind oder die Kinder anzuhören, dann erfolgt deren Anhörung separat  (nur in Anwesenheit des Richters oder der Richterin und des Verfahrensbeistandes).

Im Rahmen des (mindestens einstündigen – häufig länger dauernden) Anhörungstermins äußern sich zunächst alle Beteiligten, zuerst die Eltern, unterstützt von ihren jeweiligen Anwälten, dann Verfahrensbeistand und Jugendamt (die sich in besonders kompliziert gelagerten Fällen evtl. schon vorher – allen Beteiligten zugängig – schriftlich geäußert haben). Sie alle stellen Ihre Sicht der Dinge dar.

Dann erörtert  das Gericht mit allen Beteiligten die Lösungsmöglichkeiten. Evtl. einigen sich die Eltern zunächst auf den Besuch einer Beratungsstelle oder auf die Annahme von Hilfsangeboten durch das Jugendamt. Manchmal stellt sich während der Anhörung heraus, dass die Eltern die Probleme in eigener Verantwortung lösen können und sie vereinbaren z.B. gleich während des Verfahrens tragfähige Umgangslösungen. Das Gericht unterstützt sie bei der Findung solcher Lösungswege und begleitet diese Verhandlungen zwischen den Parteien konstruktiv.

Kommt es zwischen den Parteien tatsächlich zu Vereinbarungen (das ist häufig der Fall), dann kann das Verfahren beendet werden; es kann aber auch ein Nachtermin anberaumt werden, in dem überprüft wird, ob vorgeschlagene Maßnahmen (z.B. Beratungsstelle) zum Erfolg geführt haben.

Kommt es zu keiner Einigung, dann muss das Gericht entscheiden und es ergeht ein Beschluss, der das Verfahren ebenfalls beendet. Gegen diesen Beschluss kann beim Oberlandesgericht Beschwerde eingelegt werden, was dann zu einem neuen Verfahren am dortigen Standort in Celle führt.  

zurück zur Startseite